ASYS – Arbeitskreis für Systemische Sozialarbeit, Beratung und Supervision

ASYS bietet ab Oktober 2013 wieder ein systemisches Aufbaudiplom für Sozialarbeit und soziale Berufe (208 Std.) sowie drauf aufbauend den Supervisionslehrgang (nach den Richtlinien der ÖVS), der mit dem Diplom Systemische Supervision abschließt.

Wertvolle Beratungs- und Interventionskompetenz für Sozialarbeiter/-innen, Personalmanager/-innen, Pädagoginnen/Pädagogen, …

Mehr Infos unter: http://www.asys.ac.at

Eigenreflexion als Supervisor

Eigenreflexion als Supervisor & Coach ist nötig, um qualitätsvolle Arbeit zu bieten und um nicht in „Teufelskreise“ oder „Ehrenrunden“ einzusteigen und somit nicht mehr hilfreich zu sein bzw. zu verfestigen.

Ich frage mich nach den Coachings und Supervisionen z.B.:

  • Was war Thema?
  • Gab es verborgenes/verdecktes Geschehen?
  • Haben sich Beziehungen verändert und inwiefern?
  • Ist etwas festgefahren?
  • Was ist jetzt anders?
  • Gab es kleine Änderungen und wenn ja, welche?
  • Wie sind Teilnehmer/-innen in Beziehung getreten?
  • War dies angstfrei möglich?
  • Wie wurde der Kommunikationsraum genutzt?
  • Bin ich als Supervisor auf etwas angesprungen (Verführungen, Sog)?
  • War die Methodenwahl passend?

Sozialarbeit – Zielgerichtete Interaktionen mit hoher Involviertheit

Sozialarbeiter/-innen sind in Interaktion mit Klientinnen/Klienten bzw. stellen diese mit ihnen gemeinsam her. Dabei können sich dysfunktionale Interaktionsmuster abspielen, die von beiden Akteur/-innen produziert werden aber auch verändert werden können. Professionistinnen/Professionisten haben die Aufgabe Störfaktoren zu erkennen und zu bearbeiten:

  • Z.B.: Eine Vielzahl von Informationen die durch den/die Klient/-in produziert werden. Dadurch wird es schwierig auf das Thema zu fokussieren. Berater/-in werden von der Fülle „erschlagen“.
  • Z.B.: Eigene Werte, Bedürfnisse und Vorlieben. Dadurch fokussiert der/die Berater/-in auf ihre/seine eigenen Themen, jedoch nicht die des/der Klientin/Klienten.

Um an die Bearbeitung zu gehen sollte sich der/die Sozialarbeiter/-in folgende Fragen stellen:

  • Wo sehe ich Wiederholungen an Verhaltensmustern?
  • Wie schaukeln sich bestimmte Handlungen auf? Wie geschieht dieses aufschaukeln?
  • Welche Interaktionsspiele werden gespielt?
  • Gibt es Verhaltensweisen, die Vorhersehbar sind für mich als Berater/-in? (vgl. Milowiz 2009: 107f).

Milowiz, Walter (2009): Teufelskreis und Lebensweg. Systemisch denken im sozialen Feld.

Aus meinem Selbstverständnis als Supervisor & Coach

Was kann ich als Supervisor & Coach beitragen mit meinen Interventionen (die natürlich alleine schon durch meine Anwesenheit setze), Angeboten, Methoden u.dgl., um zu Veränderungen von Haltungen & Handlungen bei den Coachee/s bzw. Supervisandinnen/Supervisanden beizutragen, die wieder Wirkung haben auf Ziele & Lösungen.

D.h., angemessene Irritationen zu kreiren, die mich als Supervisor & Coach im Prozess halten – die anschlussfähig sind zu den Auftraggeber/-innen und zu den Coachees.

REZENSION | Schlüsselwerke des Konstruktivismus

Der Titel „Schlüsselwerke des Konstruktivismus“ lässt einiges für den/die Leser/-in erhoffen, birgt aber auch vielleicht die Gefahr in sich, dass das Schloss bzw. die Schlösser für den/die Schlüssel fehlen könnten …

Schlüssel-Erfahrungen machen, Schlüssiges verstehen und verinnerlichen, das Thema öffnen sowie Gedanken- und Erfahrungsräume durchschreiten. Dazu könnte dieses Buch beitragen, wenn es darum geht, den Konstruktivismus in den verschiedensten Facetten zu ent-schlüsseln.

Eine der Schlüsselaussagen des konstruktivistischen Diskurses von Humberto R. Maturana „Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt“, klingt zwar auf den ersten Blick sehr plausibel und „eh-klar“, jedoch hat dies auf die Beratungspraxis bei konsequenter Haltung und Umsetzung eine weitreichende Wirkung bezüglich der Methodik, der Interaktionen usw.

Daher benötigt der/die Leser/-in m.E. so etwas Vorerfahrungen zu diesem Themenfeld in Form von Grundlagen systemischer bzw. konstruktivistischer Theorien, Methoden und Praxis, um Anschlussfähigkeit für die Inhalte herzustellen. Dann kann das Buch auch wirklich Freude bereiten und zu einer verständlichen Vertiefung beitragen.

Das Buch bietet, ausgehend von den zentralen Bezugstheorien der Philosophie- und Geistesgeschichte, die Entwicklung der unterschiedlichen Theorien der Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften (z.B. Soziale Arbeit, Organisation und Management) sowie Hinweise auf konkrete Anwendungen in unterschiedlichen Arbeitsfeldern.

Durch diese Vielfalt der Themen und der Zugänge werden auch die Varianten des Konstruktivismus mit den jeweiligen Begründungen aufgezeigt und Schlüssel zu unterschiedlichen Branchen und Bereichen (z.B. Pädagogik, Medienarbeit, Soziale Arbeit) angeboten. Die kompakten Artikel lassen ein stückweises Erschließen nach Interessen und Neigungen zu. Es werden also mehrere Schlüssel angeboten, die unabhängig von einander kombiniert und ausprobiert werden können.

Im ersten Abschnitt „Vorläufer und Bezugstheorien“ werden sieben Werke – bekanntere wie beispielsweise jene von Immanuel Kant, aber auch unbekannte wie das von Ludwik Fleck mit dem Titel „Evolution des Erkennens. Rainer Egloff über Luwik Flecks Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache“ – vorgestellt. Der 1896 in Lemberg (Polen) geboren Fleck war in der Zwischenkriegszeit und im zweiten Weltkrieg als Mediziner tätig und forschte erfolgreich im Bereich Bakteriologie. Das Labor war sozusagen sein Arbeitplatz. Bemerkenswert ist jedoch, dass er sich neben seinen Forschungen auch über die Entstehen von wissenschaftlichen Tatsachen auseinandersetzte. Dabei hat er die Begriffe des Denkstils und des Denkkollektivs geprägt, die er beschreibt als „… kollektive Erfahrungen …“ (mentale, mentalitätsmäßige und sozialer Institutionaliserung und ein „… gerichtetes Wahrnehmen mit gedanklichen und sachlichen Verarbeiten des Wahrgenommenen …“ (Fleck, Ludwik)

Der zweite Teil bietet siebzehn Beiträge unter der Rubrik „Grundlagen und Konzepte“. Behandelt werden Klassiker und Standardwerke wie Paul Watzlawicks „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ (Fritz B. Simon) oder Maturanas und Varelas „Der Baum der Erkenntnis“ (Karl H. Müller) bis hin zu Niklas Luhmanns „Erkenntnis als Konstruktion“ (Christoph Reinfandt).

Im abschließenden dritten Abschnitt wird Anwendung und Nutzbarmachung konstruktivistischer Ansätze in unterschiedlichen Feldern diskutiert und sehr praktisch aufgezeigt. Dadurch wird es möglich, Einblicke in auch fremde Branchen zu erhalten.

Heiko Kleve etwa hat sich mit Konstruktivismus in der Sozialen Arbeit auseinandergesetzt und in seinem Beitrag mit dem Titel „Vom Erweitern der Möglichkeiten“ folgende berufspolitische Identitätsperspektive entwickelt: „Identität könnte grundsätzlich als ein Konstrukt verstanden werden, das – zumindest in der Sozialen Arbeit – von Kontext zu Kontext immer wieder neu geklärt und erschaffen werden müsse. Was Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter demnach lernen müssten, wäre nicht die Fixierung einer festen und dauerhaften Selbstbeschreibung, sondern das flexible Arrangieren von situativ und kontextuell abhängigen Identitätskonstrukten.“ (Kleve, Heiko)

Gerade in der Berufsdiskussion von Sozialarbeiter/-innen ist dieser Beitrag ein  erfrischender Zugang zu einer professionellen Multi-Identität, die zu einer Entkrampfung beiträgt und Sozialarbeit als eine Profession positioniert, die immer wieder neu mit der passenden Identität interveniert, um an Themen/Zielen/Veränderungen von Gesellschaft zu arbeiten.

Rudolf Wimmer hat sich mit seinem Artikel, der systemisch-konstruktivistische Organisationsberatung gewidmet, die er als dritte Form neben der Fach- und Prozessberatung positioniert. Das dabei angewandte systemtheoretische Organisationsverständnis der Berater/-innen arbeitet mit den Sinndimensionen (sachlich, zeitlich und sozial), um Interventionen im Rahmen des Beratungsprozesses zu setzten die mithelfen die Führungsfähigkeit zu stärken/stabilisieren. In einer Zeit von ungeheurer Dynamik und vielfältigen Kommunikationsmitteln sowie Netzwerken eine wirkliche Herausforderung. Führung also „… ein Moment in einem sich selbst organisierenden, hochkomplexen Sozialsystem …? (Wimmer, Rudolf)

Diese unterschiedlichen Fundierungen und auch Einsatzfelder des Konstruktivismus zeigen jedoch eine gemeinsame tragfähige Basis. Es geht um Umorientierungen – das Verstehen, dass Konstruktionsprozesse die Wirklichkeiten erzeugen und hervorbringen. Um solche Konstruktionsprozesse erfahrbar zu machen sind beispielsweise Wie-Fragen eine sehr hilfreiche Form. Die Orientierung, dass der/die Beobachter/-in auch konstruiert trägt dazu bei, dies als Ressourcen zu nutzen. Er/Sie kann also Unterscheidungen und Bezeichnungen einbringen. Der Abschied von absoluten Wahrheitsvorstellungen – es geht also um Hinweise, nicht um Beweise – schafft kreativ neue „Wirklichkeiten“. So ist auch der Konstruktivismus ist nur eine Konstruktion von Wirklichkeit!

Dem konstruktivistischen Denken steht also die Lockerheit gut. Das führt auch dazu, dass Tendenzen zu „Schulenbindung“ (auch wenn der Konstruktivismus eine Meta-Theorie bzw. eine Epistemologie darstellt) immer wieder irritiert werden und Offenheit bleibt – so wie das Buch der Schlüsselwerke des Konstruktivismus eine sehr offen Sammlung an Zugängen und Werken sowie Praxen darstellt.

Dieses Buch ist m.E. allen Beraterinnen/Beratern und Interessierten zu empfehlen, die bereits über Grundlagenwissen zu konstruktivistischem Denken verfügen und neue Perspektiven für sich eröffnen möchten.

Aber Achtung: Das Ergebnis dieses Artikels ist auch nur eine Eigenkonstruktion – es könnte bei Ihnen auch ganz anders ausfallen …

Pörksen, Bernhard (Hrsg.) (2011):  Schlüsselwerke des Konstruktivismus.
Artikel erschienen in: BASYS. Berichte des Arbeitskreises für Systemische Sozialarbeit, Beratung und Supervision. http://www.asys.ac.at